Diabetes durch die Schwangerschaft? Das kann leider passieren und das nicht mal selten. Ca. 17 % aller Schwangeren im Alter von 20-49 Jahren sind von einem sogenannten Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes) betroffen.
Warum man Schwangerschaftsdiabetes bekommt
Klassischerweise setzt in der zweiten Schwangerschaftshälfte eine Insulinresistenz ein. Das bedeutet, dass mehr Insulin benötigt wird, um den Zucker in die Zellen zu transportieren.
Besonders ab der 24. Schwangerschaftswoche kommt es zum Größenwachstum des Kindes und hierfür wird dann besonders viel Insulin benötigt. Ein Anstieg bis auf das dreifache des ursprünglichen Insulinbedarfs ist da nicht ungewöhnlich.
Einige Frauen haben auch schon vor der Schwangerschaft einen leicht erhöhten Insulinbedarf, der zum Beispiel durch Übergewicht oder Bewegungsmangel hervorgerufen wird und dann durch Hormone in der zweiten Schwangerschaftshälfte verstärkt wird.
Neben dem Problem der Insulinresistenz produziert die Bauchspeicheldrüse bei einigen Frauen, je nach genetischer Veranlagung, nicht genug Insulin für diesen erhöhten Bedarf und so steigen die Blutzuckerwerte dann an.

Risikofaktoren für einen Schwangerschaftsdiabetes:
- Alter über 45 Jahre
- Übergewicht: einer der ausschlaggebendsten Faktoren ist aber wohl das mütterliche Gewicht. Je höher es liegt, desto höher auch das Risiko für einen Schwangerschaftsdiabetes.
- Diabetes bei Eltern oder Geschwistern.
- die Ethnizität: Frauen aus dem Mittleren Osten, Süd- und Ostasien (Indien, Pakistan, Bangladesch) sowie Afrika haben ein eindeutig erhöhtes Risiko.
- Diabetes in einer vorausgegangen Schwangerschaft: hier erhöht sich das Risiko ebenfalls um 16 %.
- bei schon vorhandenen Kindern mit einem sehr hohen Geburtsgewicht (>4500g)
- Diagnose: polyzystisches Ovarsyndrom
- Erhöhter Bluthochdruck oder Fettstoffwechselstörungen
Warum Schwangerschaftsdiabetes unbedingt ernst genommen werden muss
Als wenn der Schwangerschaftsdiabetes alleine nicht schon reichen würde, kommt es schlecht eingestellt dann auch noch zu einem erhöhten Risiko für Bluthochdruck, Harnwegsinfektionen, Frühgeburt, Geburtsverletzungen und die Entbindung per Kaiserschnitt.
Die mütterlich erhöhten Blutzuckerwerte gehen durch die Plazenta zum Kind über. Das fordert die kindliche Bauchspeicheldrüse heraus, sodass es schon zu einer Schädigung dieser im Mutterleib kommen kann.
Bei einem Überfluss an Zucker wird das Kind zu groß, was ungünstig für die Geburt ist aber auch im späteren Leben noch das Risiko für die Entwicklung von Diabetes, Übergewicht und Bluthochdruck fördern kann.
Wie man Diabetes in der Schwangerschaft erkennt
Schwangerschaftsdiabetes wird klassischerweise in der 24.-28. Schwangerschaftswoche festgestellt. Zu dieser Zeit wird schwangeren Frauen ein Zuckerbelastungstest angeboten. Wenn allerdings schon vor der Schwangerschaft Risikofaktoren (siehe oben) vorliegen, macht man den Belastungstest sobald die Schwangerschaft bekannt ist.
Meist gibt es einen Vortest mit einer 50 g Zuckerlösung zu einer beliebigen Tageszeit beim Gynäkologen und wenn dieser auffällig ist, folgt ein 75 g Zuckerbelastungstest, der nüchtern am Morgen durchgeführt werden sollte. (Was dazu alles beachtet werden sollte, findet sich in den am Ende angefügten Empfehlungen für Gestationsdiabetes auf S. 7.)
Bei wiederholt gemessenen Nüchternzuckerwerten kann auch dies zur Diagnose herangezogen werden.

Uringlukosemessungen sind hingegen wenig sinnvoll, da bei einer Schwangerschaft die Nierenschwelle so herabgesetzt ist, dass schon bei normalen Blutzuckerwerten Glukose in den Harn übertritt.
Wie man Schwangerschaftsdiabetes behandeln kann
Wichtig ist hier zunächst, dass die Schwangeren selbständig lernen ihren Blutzucker zu messen. So kann man die Werte vor und nach dem Essen eng im Auge behalten.
Hier gibt es Zielvorgaben: Vor dem Frühstück, nüchtern sozusagen, sollte man hier unter 95 mg/dl/ 5,1 mmol/l sein und eine Stunde nach den Mahlzeiten unter 140 mg/dl/ 7,8 mmol/l.
Sollte das Kind im Laufe der Schwangerschaft besonders schnell oder langsam wachsen, muss man diese Zielwerte individuell anpassen. Daher ist es auch so wichtig, dass der Gynäkologe und Diabetologe zusammen arbeiten. :-)
Man beginnt immer mit einer gesunden ausgewogenen Ernährung bei der vor allem die Kohlenhydratmengen gleichmäßig auf 5-6 Mahlzeiten verteilt werden sollte. Man sollte nicht auf die Kohlenhydrate verzichten aber sie sollten so gewählt werden, dass diese viele Ballaststoffe enthalten und langsam ins Blut übergehen (lies hier mehr dazu).
Sofern Übergewicht vorliegt, muss natürlich auch bei den Kalorien gespart werden. Es gilt leider nicht “Essen für Zwei”.
Auch regelmäßiges Spazieren oder andere körperliche Aktivität helfen den Insulinbedarf zu reduzieren. Wenn das alleine nicht hilft, um den Blutzucker im Zielbereich zu halten, wird Insulin benötigt. Meist ist das nur vorübergehend und schon mit Einsetzten der Wehen kann es wieder abgesetzt werden.
Bei einigen Frauen braucht es nur Insulin zur Nacht um den Nüchternwert in den Zielbereich zu bringen bei anderen müssen die Kohlenhydrate der Mahlzeiten jeweils mit schnell wirksamen Insulin abgedeckt werden.
Nach der Schwangerschaft
Nach der Entbindung ist der Insulinbedarf meist wieder deutlich reduziert und die Stoffwechsellage normalisiert sich. Um hier sicherzugehen, sollte 6.-12. Woche nach der Entbindung erneut einen Zuckerbelastungstest machen.
Beziehungsweise nach Beendigung der Stillzeit, da auch das Stillen den Insulinbedarf beeinflusst. Und in den darauffolgenden Jahren sollte man den Stoffwechsel unbedingt im Auge behalten, da man leicht erhöhte Zuckerwerte nicht spüren kann.
Man sagt grob 50 % der Frauen, die einen Schwangerschaftsdiabetes hatten, bekommen in den 10 darauffolgenden Jahren einen Typ-2 Diabetes. Aber das muss nicht so sein. Wichtig ist es nun sich weiter gesund zu ernähren und in Bewegung zu bleiben. Und auch das Stillen kann das Risiko deutlich reduzieren.


Weitere Informationen findet ihr in den Praxisempfehlungen der DDG für Schwangerschaftsdiabetes.

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