“Insulinresistenz” - das klingt schon eher abstrakt. Was verbirgt sich hinter diesem sperrigen Begriff und warum spielt diese Insulinresistenz eine so zentrale Rolle für Typ-2-Diabetes? Wir erklären die Details, damit du deinen Diabetes durchschaust und dein Diabetesmonster zähmen kannst.
Im Falle eines Typ-2- Diabetes ist mit einer 83%-igen Wahrscheinlichkeit auch eine Insulinresistenz vorhanden. Liegen zusätzlich noch Bluthochdruck und hohe Blutfettwerte vor, ist die Wahrscheinlichkeit für eine Insulinresistenz sogar bei 95%.
Und dabei spielt die Insulinresistenz sogar die Hauptrolle, sie ist keine Nebensache!
Welche Punkte gibt es, die auf eine Insulinresistenz hindeuten?
- ein hoher Fettanteil in der Leber (ein Hinweis könnte der Fett-Leber-Index-Rechner geben)
- ein erhöhter Bauchumfang im Verhältnis zu schlanken Beinen
- ein erhöhter Bauch-Größen-Index (Taillenumfang in cm : Körpergröße in cm) - unter 40 Jahren liegt der kritische Bereich bei >0,5, zwischen 40 und 50 Jahren bei 0,5 bis 0,6 und über 50 Jahren bei über 0,6
So misst man richtig: Lege das Maßband um deine Taille zwischen die unterste Rippe (Rippenbogen) und die Oberkante deines Hüftknochens (Beckenkamm). Das Maßband liegt nun etwa auf Höhe deines Bauchnabels und sollte möglichst eng und gerade um deinen Körper führen.
- Gewichtszunahme
- Hoher Triglyceridspiegel und niedriger HDL-Wert (gutes Cholesterin)
- Bluthochdruck
- Gicht
- Dunkle Flecken an der Leiste, den Achseln oder am Nacken, bekannt als Acanthosis nigricans.
Bei einer Insulinresistenz reagieren die Körperzellen nicht mehr ausreichend auf Insulin.
Bevor wir in die Details der Insulinresistenz gehen, hier nochmal ein kleiner Exkurs, wie das mit dem Insulin generell so ist.
Insulin ist ein Hormon, das in der Bauchspeicheldrüse produziert wird. Seine Hauptaufgabe ist es, die Menge der im Blutkreislauf zirkulierenden Nährstoffe zu regulieren.
Wenn wir etwas essen, das Kohlenhydrate enthält, steigt der Blutzuckerspiegel an. Unsere Bauchspeicheldrüse schüttet daraufhin Insulin ins Blut aus. Idealerweise würde das Insulin dann die Zelltüre für den Zucker öffnen, sodass der Blutzucker abfällt und der Zucker in der Zelle verwendet oder gelagert werden kann.
Bei einer Insulinresistenz stellen sich die Körperzellen stur und reagieren nicht mehr ausreichend auf den Botenstoff Insulin.
Folglich sinkt der Blutzucker nicht adäquat ab und die Bauchspeicheldrüse schickt weiteres Insulin. Dies führt dann zu einem hohen Insulinspiegel im Blut, einer sogenannten Hyperinsulinämie. Das tückische an diesen hohen Insulinspiegeln ist, dass Insulin die Fettverbrennung unterdrückt. Wir nehmen dann noch leichter an Gewicht zu.
Meist läuft dieser Prozess einige Jahre unbemerkt ab, bis die Bauchspeicheldrüse erschöpft ist und ein Teil ihrer Zellen die Insulinproduktion pausiert. Diese verminderte Insulinproduktion bei immer weiter steigenden Zuckerwerten ist dann der Zeitpunkt, an dem der Typ-2-Diabetes entdeckt wird.
Dieses vereinfachte Erklärungsmodell hilft nun aber noch nicht um die Ursachen einer Insulinresistenz zu verstehen.
Die Ursachen einer Insulinresistenz
Einfluss der Gene
Zunächst einmal sollte man wissen, dass die Gene, die wir mit auf den Weg bekommen, eine wesentliche Rolle spielen. Noch nicht alle beteiligten Gene sind identifiziert, aber die Forschung geht hier voran und durch ein besseres Verständnis können sich zukünftig neue Therapieoptionen ergeben.
Ist ein Elternteil mit Typ-2-Diabetes betroffen, liegt das Risiko ebenfalls Typ-2- Diabetes zu entwickeln schon um 38% höher.
Die gute Botschaft aber lautet: Wir sind unseren Genen nicht hilflos ausgeliefert. Mit unserem Lebensstil können wir epigenetisch Einfluss nehmen, ob bestimmte Gene “angeschaltet” werden oder eben nicht.
2017 zeigte die DiRECT Studie, dass durch eine Kalorien- und Gewichtsreduktion nach 12 Monaten fast die Hälfte der Studienteilnehmer so gute Zuckerwerte hatte, dass keine Diabetesmedikamente mehr nötig waren.
Lifestyle
Der Lebensstil ist also eine tragende Säule bei der Entwicklung einer Insulinresistenz.
Kürzlich las ich in einem spannenden Artikel, dass die Melbourner Zootiere mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben wie wir Menschen.
Ein Mangel an Bewegung kombiniert mit einer zu hohen Energie- und Zuckerzufuhr hatte den Tieren Übergewicht und eine Vorstufe von Diabetes beschert.
Im Vergleich zur Ernährung in der freien Wildbahn hatten die Zoobewohner zu viele hochgezüchtete, süße und reife Früchte bekommen.
Die Tierärzte änderten daraufhin den Speiseplan und tauschten den Großteil des Obstes gegen grünes Blattgemüse aus und der Stoffwechsel der Tiere besserte sich.
Übertragen auf den Menschen liegt das Problem also an einer Überversorgung mit Kalorien und insbesondere Zucker bzw. Kohlenhydraten, welche wir mangels Bewegung nicht in ausreichendem Maß verarbeiten können.
Zucker staut sich in den Zellen, wird nicht verbraucht und dann für “schlechte Zeiten” in Fett umgewandelt. Eigentlich toll wie effizient unser Körper da ist, aber für liebgewonnene Schlemmereien kann uns das zum Verhängnis werden.
Die Leber wandelt Fruchtzucker in Fett um
Bei der Umwandlung von Zucker in Fett ist Fruchtzucker ein besonders problematischer Kandidat. Wir müssen nicht mal besonders viel davon essen und schon wird er in der Leber in Fett umgewandelt und eingelagert.
In den Organen und im Bauch eingelagertes Fett nennt man viszerales Fett und das ist besonders förderlich für eine Insulinresistenz.
Ein bis zwei Stücke Obst am Tag sind hier natürlich kein Problem.
Wenn man jedoch täglich größere Mengen süßer, reifer Früchte isst oder eben auch sonst einen “süßen Zahn” hat und nicht an Süßem, Kuchen, Fruchtjoghurts und Eistee vorbeikommt, dann ist es eben schnell zu viel.
Fruchtzucker versteckt sich auch hinter Begriffen wie Fruktosesirup und auch der oft empfohlene Agavendicksaft besteht größtenteils aus Fruchtzucker.
Fette gehen auf die Reise
Die Leber will die Fettreserven, die sie aus der überschüssigen Energie gebildet hat natürlich loswerden und verlädt überschüssiges Fett auf kleine “Transport-Schiffchen”, die sogenannten VLDL-Partikel. Diese transportieren die Fettsäuren durch die Blutbahn zu den Muskelzellen.
Die Zellen nehmen den Energienachschub dann bereitwillig auf. Wenn dann aber keine Bewegung, also Muskelaktivität, ins Spiel kommt, um den Energienachschub zu verarbeiten, ist die Zelle schnell überfüllt und verschließt ihre Pforten um nicht noch mehr Energie aufnehmen zu müssen. Sie wird insulinresistent.
Überfüllte Zellen begünstigen Insulinresistenz
Dieser “Zuckeraufnahmestopp” kann als eine Art Schutzprogramm der Zelle verstanden werden. Denn völlig überfüllte Zellen schaffen es nicht, ausreichend Sauerstoff für ihr neues XXL-Format zu bekommen. Die Zellen sind gestresst, woraufhin sie sich entzünden und entsprechende Entzündungsstoffe in den Körper ausschütten, welche die Insulinresistenz weiter befeuern.
Bluthochdruck gesellt sich dazu
Häufig steigen dann auch die Blutdruckwerte an, da die Zellen vor lauter Stress weniger Stickstoffmonoxid ausschütten, was wiederum eine Verengung der Blutgefäße nach sich zieht. Der Druck in den Gefäßen steigt daraufhin.
Und was hat das mit dem Cholesterin zu tun?
Die leeren Transportschiffchen, die die Fette abgeladen haben, schwimmen durch die Arterien wieder zurück zur Leber. Sie heißen LDL-Cholesterin und unsere Blutgefäße mögen sie nicht besonders. Die kleinen LDL-Partikel sammeln sich gern in den Arterienwänden an und rufen dort Entzündungen hervor und führen zu Arterienverstopfung.
Bakterien und Entzündungen können Insulinresistenz begünstigen
Entzündungen im allgemeinen aber besonders eine Zahnfleischentzündung kann ebenfalls eine Insulinresistenz verstärken. In den entzündeten Zahnfleischtaschen sitzen Bakterien, die in den Blutkreislauf übertreten und dann entzündliche Reaktion hervorrufen und so die Insulinresistenz verstärken.
Es gibt auch Hinweise darauf, dass eine Störung des bakteriellen Milieus im Darm eine Entzündung verursachen kann, die die Insulinresistenz und andere Stoffwechselprobleme verschlimmert.
11 Dinge, die du gegen eine Insulinresistenz tun kannst
1. Mehr Bewegung: Jede Form zählt, sei es Treppen steigen, sei es Radfahren. Es muss kein Leistungssport sein, wichtig sind regelmäßige Muskelaktivitäten. Ganz wichtig ist auch das Krafttraining. Dabei wird Muskelmasse aufgebaut, die zu einer kontinuierlichen Fettverbrennung führt. Wer das intensiv betreibt, kann in die hochgelobten Sphären des „Schlank im Schlaf“ kommen, weil dann die Kraftwerke in den Zellen, die Mitochondrien, auf „Dauerfeuer“ geschaltet werden.
2. Weniger Zucker konsumieren: So wenig Zucker wie möglich verzehren, insbesondere gesüßte Getränke meiden. Xylit, Erythrit oder Stevia können Alternativen sein.
3. Gesund essen: Ernähre dich hauptsächlich aus vollwertigen, unverarbeiteten Lebensmitteln und viel frischem Gemüse. Iss täglich eine Handvoll Nüsse und regelmäßig fetten Fisch.
4. Auf Darmgesundheit achten: Reichlich Ballaststoffe und fermentierte Produkte sollten täglich zum Speiseplan gehören. Die in Joghurt enthaltenen Bakterien fördern ein gute Darmflora. Meide künstliche Süßstoffe, sie können entzündungsfördernde Bakterien fördern.
5. Mehr Omega-3-Fettsäuren verzehren: Der Verzehr von mindestens 2g Omega-3-Fettsäuren pro Tag kann die Insulinresistenz reduzieren. Sie können auch Bluttriglyceride senken, die bei insulinresistenten Menschen oft hoch sind.
2 g Omega -3-Fettsäuren finden sich beispielsweise in 100 g Hering, 250 g Lachs oder 300 g Makrele.
6. Essenspausen einlegen: Zwischen den Hauptmahlzeiten sollten mind. 4, besser 5 Stunden Pause liegen. Auch Intervallfasten kann die Insulinempfindlichkeit nachweislich verbessern.
7. Hafertage durchführen: Ausführliche Infos finden sich dazu auf unserem Blogartikel. Hilfreich kann auch das folgende Infoblatt sein.
8. Formulafasten: Für manch einen ist der Start mit einer Ernährungsumstellung besonders schwer. Hier kann der Einstieg mit einer Formuladiät helfen.
z.B. Leberfasten, Almased
9. Gründliche Zahnpflege: Professionelle Zahnreinigungen und regelmäßige Zahnarztkontrollen, helfen Zähne und Zahnfleisch gesund zu halten. Die Zahnzwischenräume sollten täglich gereinigt werden z.B. mit Zahnseide.
10. Ausreichend schlafen: Versuche ausreichend und gut zu schlafen. Es gibt einige Hinweise darauf, dass schlechter Schlaf eine Insulinresistenz verursacht.
11. Stress abbauen: Cortisol ein Hormon, das wir bei Stress vermehrt freisetzen, reduziert die Insulinwirkung ebenfalls. Reduziere stressauslösende Faktoren und gönne dir Auszeiten.
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