Seine Blutzuckerwerte zu kennen ist eine Sache, aber genau zu wissen in welche Richtung diese gerade unterwegs sind, ist eine andere. Ich persönlich trage seit mehreren Jahren ein CGM. Und genau wie meine Insulinpumpe, würde ich das CGM um nichts in der Welt mehr hergeben wollen. Aber mal vor vorn:
Noch vor ein paar Jahren, nämlich in den frühen 80ern, wurde die Glukose noch über den Urin gemessen. Einige werden sich vielleicht erinnern. Dieser Wert war mehr als ungenau und gab nur einen extrem groben Eindruck darüber, was sich da gerade im Körper abspielt, bzw. abgespielt hat. Denn wie lang war der Urin wohl schon in der Blase, bevor der Zucker gemessen wurde?
An mein erstes Blutzuckermessgerät kann ich mich noch gut erinnern. Groß wie ein Ziegelstein. Die heutigen Blutzuckermessgeräte haben nur noch eine geringe Größe, kommen mit minimalen Mengen Blut aus und spucken das Messergebnis in Sekunden aus. Und es gibt CGM. CGM ist die Abkürzung für Continuous Glucose Monitoring, also kontinuierliche Glukose-Messung.
CGM Daten in der mySugr App
Im Gegensatz zu vor ein paar Jahren ist das Diabetes Management mit einem CGM-System heute keine Seltenheit mehr (und hoffentlich irgendwann für ALLE Standard). Seit 2016 gehören CGM Systeme in Deutschland zum Leistungskatalog der gesetztlichen Krankenkassen. Mehr Infos über die Kostenübernahme für CGM System findest du in diesem Artikel.
In der mySugr App haben wir die Möglichkeit eingebaut, CGM Daten in die Tagebuch App zu synchronisieren um sie parallel zur Blutzuckerkurve im Graphen anzeigen zu lassen. Denn wir sind der Meinung, je mehr Diabetes Infos ich an einem Ort gesammelt habe, desto besser kann ich meinen Diabetes managen.
Blutzucker und Zellglukose/Gewebsglukose sind zwei unterschiedliche Dinge (mehr dazu weiter unten). Beachte daher, dass CGM Werte nicht mit in die mySugr Analyse einfließen und auch nicht bei der Ermittlung des geschätzten HbA1c beachtet werden.
Wie bekomme ich die CGM Daten in die mySugr App?
Das hängt ganz von dem System ab, welches verwendet wird. Derzeit können 2 CGM Systeme mit der mySugr App synchronisiert werden.
- Dexcom CGM via Apple Health (iOS)
- Eversense CGM via Eversense App (iOS und Android). Eine genaue Anleitung dazu findest du in diesem Artikel.
Leider können wir im Moment noch keine Dexcom-Daten auf Android Systemen anzeigen, da Google Fit keine Daten von medizinischen Geräten akzeptiert. Also müssen unsere Entwickler sich noch ein wenig ihre Monsterköpfe zerbrechen und überlegen, ob wir einen anderen Weg finden. Um zu entscheiden, was du in deinem Graph auf dem Homescreen alles sehen möchtest, tippe einfach 2x fix auf den Graphen und wähle aus was sehen möchtest.
Wie funktioniert die kontinuierliche Glukosemessung?
Mittels einem kleinen Sensor im Unterhautfettgewebe und einem damit verbundenem Sender wird der Glucosegehalt im Interstitium, das ist das Klugscheisßer Wort für Zwischenzellflüssigkeit, kontinuierlich gemessen, an einen Empfängergerät (Remote Empfänger, Smart Phone, Insulinpumpe) gesendet und auf dem Display angezeigt. Je mach System sind das mindestens 140 Messungen pro Tag. Eine nahezu lückenlose Aufzeichnung vom Glukoseverlauf ist so möglich.
Zellglukose ist nicht gleich Blutzucker
Im Vergleich zur Blutzuckerbestimmung muss man wissen, daß es sich hier um Zuckerwerte (Glukosewerte) aus der Zwischenzellflüssigkeit handelt. Und da besteht ein Unterschied. Wenn Zuckerwerte z.B. vor einer Mahlzeit stabil sind, stimmt die Zell-Glucose mit der üblichen Abweichung von 10-15 % nahezu mit einem Blutzuckerwert überein. Kommt es aber zu einem schnellen Anstieg oder Abfall des Zuckers, besteht ein so genannter "Time lag" der etwa 5 bis 10 Minuten beträgt. Das bedeutet, wenn auf dem CGM Gerät eine fallender Zucker von etwa 100mg/dl angezeigt wird, ist der Blutzucker in Wirklichkeit schon etwas weiter unten. Die Differenz hängt dabei von er Fallgeschwindigkeit ab. Genauso ist es auch mit schnell steigenden Werten.
Trendanzeige: 120mg/dl ist nicht gleich 120mg/dl
Wie bereits am Anfang erwähnt, ist es immer gut seinen Blutzucker zu kennen, denn von ihm hängen im Alltag viele Entscheidungen ab. Aber wäre es nicht viel hilfreicher im gleichen Moment zu wissen wohin die Reise geht? Ob der Zucker fällt, steigt, oder stabil ist? Also quasi in welche Richtung der Trend geht? Ein einfaches Beispiel: Ich möchte aus dem mySugr Büro mit dem mit dem Rad nach Haus radeln. Bevor ich mich auf den Drahtesel schwinge messe ich noch den Blutzucker: 100mg/dl. Perfekter Wert, aber mir fehlen wichtige Informationen. Ist der Zucker stabil, sinkt oder steigt er? Für meinen geplanten Heimweg mit dem Fahrrad würde mir diese Info helfen:
- 100mg/dl ansteigend: ich radel los
- 100mg/dl stabil: ich esse etwas und radel los
- 100mg/dl abfallend: ich nehme den Bus
Bei CGM System wird zu jeden gemessenen Glukosewert mittels eines Pfeils der Trend angezeigt. Bitte hier aber auch wieder beachten, dass der Trend sich auf den Gewebszucker bezieht. Das heißt, die Anzeige hängt, wie oben bereits erwähnt, ein klein wenig hinterher.
Ein CGM gibt die Möglichkeit die Stoffwechsellage viel besser einzuschätzen und basierend darauf Entscheidungen zu treffen, die mit “nur einem Blutzuckerwert” nicht möglich sind.
Von den CGM-Daten lernen
CGM-Daten ermöglichen nicht nur eine schnelle Reaktion auf eventuelle Entgleisungen, sondern helfen auch dabei seinen Diabetes besser zu verstehen. Es lässt sich wunderbar erkennen, wie schnell bestimmte Lebensmittel oder Situationen den Blutzucker beeinflussen, ob ein Spritz-Ess-Abstand (SEA) vielleicht Sinn macht bzw. ich an ihm arbeiten muss, und welche Eigenarten das Diabetes Monster noch so aufweist, von denen man mit einer "normalen Blutzuckerkontrolle" nie erfahren hätten. Eine CGM-Kurve gibt wesentlich mehr Informationen als ein punktuell gemessener Blutzuckerwert.
Mehr Sicherheit durch Alarme
CGM-Systeme besitzen eine Warnfunktion, die nicht nur bei einer Unterzuckerung oder Überzuckerung einen Alarm gibt, sondern soagr noch bevor der Zucker den persönlichen Zielbereich verlässt. Dies ermöglicht, rechtzeitig ins Geschehen einzugreifen und eine eventuelle Unterzuckerung oder Überzuckerung zu verhindern. Das gibt nicht nur eine ordentliche Portion mehr Sicherheit im Alltag, sondern kann zu mehr Zeit im Zielbereich (TIR = time in range) verhelfen. Gerade wenn du mit Wahrnehmungsstörungen für Unterzuckerungen zu tun hast, kann ein CGM und die damit gegebenen Alarmfunktion dabei helfen, etwas entspannter mit dem Thema Unterzuckerung umzugehen.
Dieser Artikel wurde im Februar 2020 überarbeitet.
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