Dass die Leber in den Zuckerstoffwechsel eingreift, dürfte den meisten unter euch bekannt sein. Aber was tut sie genau und welche Auswirkungen hat das? Wir helfen euch nochmal kurz auf die Sprünge. Die Leber als unsere Vorratskammer…
Das mit der Leber muss man sich so vorstellen: Nach der Nahrungsaufnahme fließt der Zucker direkt in Richtung Leber, wo ein Großteil unserer körpereigenen Zuckerreserven (auch Glykogen genannt) lagert.
Glykogenreserven zu haben, ist äußerst nützlich, um das Gehirn kontinuierlich mit Energie versorgen zu können. Das verbraucht Zucker nämlich als Lieblings- Energiequelle. Also unser Körper handelt ganz praktisch und versorgt nach dem Essen zunächst das eigennützige Gehirn und füllt dann noch für alle Fälle entleerte Glukosespeicher wieder auf. Frei nach dem Motto: “Wer weiß, wann es wieder etwas gibt. Also erstmal die Speicher ordentlich füllen. Sicher ist sicher.”
Die Leber als Zuckerspeicher
Für die Pausen zwischen den Mahlzeiten haben die Leber und die Nieren (hier gibt es auch Zuckervorräte) dann die Aufgabe den Glukosespiegel konstant zu halten.
Hierzu schüttet die Leber üblicherweise rund 2 mg Zucker/kg Körpergewicht/min aus. Kurz mal hochgerechnet für einen 70 kg Menschen sind das rund 200g Glukose pro Tag, die da ausgeschüttet werden. [1]
Klingt ganz schön viel, oder? Und das kann je nach Umfang unseres Bauches, auch noch mehr sein. Je insulinresistenter wir sind, desto mehr Zucker schüttet die Leber aus. Besonders dann in Phasen ohne Nahrungsaufnahme.
Auch die Muskeln haben einen Zuckervorrat eingespeichert. Die Muskeln sind allerdings etwas egoistischer als die Leber und beanspruchen diesen Vorrat nur für sich um für Aktivität gut gerüstet zu sein. Von dem Zucker, der ans Blut abgegeben wird, verbraucht allein unser Gehirn ca. 130 g/ Tag.[2] Bei Stress sogar gerne auch mal mehr. Daher dann auch die Heißhungerattacken, die der ein oder andere bei Stress oder geistiger Hochleistung von sich sicher kennt?!
Aber zurück zur Leber: Für den oben erwähnten konstanten Zuckerfluss wird das Basalinsulin bzw. die Basalrate der Insulinpumpe benötigt. Es gibt aber auch Momente, in denen die Leber mal deutlich mehr oder auch weniger Zucker an das Blut ausschüttet.
Weniger schüttet sie zum Beispiel nach Alkoholkonsum aus, da sie hierbei vorrangig damit beschäftigt ist, den Alkohol abzubauen. Erst wenn die Leber damit fertig ist, widmet sie sich wieder der Zuckerausschüttung an das Blut.
Die Gegenregulation
Mehr Zucker bekommt man von der Leber hingegen im Falle eines Unterzuckers. Ein bunter Hormoncocktail aus Glukagon, Stress- und Wachtstumshormonen veranlasst die Leber dann eine Extraportion Zucker an das Blut auszugeben.
Das kann einige Stunden andauern und ist vielen Menschen mit Diabetes als Gegenregulation bekannt. Es sind also nicht ausschließlich die (oft zu vielen) Süßigkeiten, die man dann im Eifer des Gefechtes rein schaufelt, die einen später so hoch landen lassen.
Die Leber gibt und nimmt
Bei der Gegenregulation ist nun Vorsicht geboten. Unsere Leber ist zwar großzügig im Zucker austeilen, aber dieser ist nur geliehen! Sprich, nach einer solchen Zuckerleihgabe aus der Leber muss man damit rechnen, dass sie sich selbigen auch wieder zurück holt. Die Zuckerspeicher sollen ja für den nächsten Notfall oder die nächste Phase ohne Essen schließlich wieder gut gefüllt sein.
Wenn die Werte über einen längeren Zeitraum niedrig waren, zum Beispiel eine ganze Nacht hindurch, und die Leber ihren gesamten Speicher entleert hat, kann es sogar sein, dass die nächste Mahlzeit zu Großteilen in den Leberspeicher verschwindet und die Blutzuckeranstiege nach dem Essen geringer ausfallen und weniger Insulin erfordern.
Also die Schlussfolgerung: Die Überzuckerung nach einer Unterzuckerung solltest du eher behutsam korrigieren und damit rechnen, dass die Leber sich noch Zucker zurückholt um die Reserven wieder aufzufüllen.
Quellen:
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Gluconeogenese
[2] Peters A., Das egoistische Gehirn, 2011, 4. Auflage
Thomas A., Kolassa R., Sengbusch v. S., Danne T., CGM interpretieren, 2017, 1. Auflage
Dieser Artikel wurde im September 2020 überarbeitet.
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