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Diabetes Wissen

Postprandiale Glukose – warum der Blutzucker nach dem Essen so wichtig ist

31.8.2016 von Ilka Gdanietz

Postprandiale Glukose – warum der Blutzucker nach dem Essen so wichtig ist

Postprandialer Blutzucker. Schwieriges Wort, oder? Davon einmal abgesehen, dass wir es hier mit einem diabetischen Zungenbrecher zu tun haben, wissen die wenigsten Diabetiker was das überhaupt für ein Wert ist, bzw. warum er so wichtig ist. Aber mal von Anfang an...

Als postprandialer Blutzucker wird der Blutzucker nach einer Mahlzeit bezeichnet. Das Gegenteil, also vor dem Essen, nennt man präprandial. Normalerweise beginnt der Blutzucker 10-15 Minuten nach einer Mahlzeit zu steigen und erreicht nach einer Stunde sein Maximum. Allerdings handelt es sich hier nur um Richtwerte, denn die PPG (postprandiale Glukose) hängt von mehreren Faktoren ab, wie etwa die Art der Nahrung.

Bei stoffwechselgesunden Menschen, die das Glück haben eine funktionierende Bauchspeicheldrüse zu besitzen, landet der Blutzucker 1-2 Stunden postprandial nach dem Essen wieder im Normalbereich. Insulin und Amylin sei Dank. Auch steigt der Blutzucker bei ihnen nicht so stark an, da es direkt nach der Nahrungsaufnahme zur Insulinausschüttung kommt. Da können wir Diabetiker entweder nur von träumen oder in Erinnerungen schwelgen.

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Postprandialer Blutzucker hat Einfluss auf den HbA1c

Früher wurde den postprandialen Blutzuckerwerten nur wenig Beachtung geschenkt, heute weiss man es besser. Untersuchungen1 haben gezeigt, dass postprandiale Blutzuckerwerte für den HbA1c von Bedeutung sind. Denn auch wenn Blutzuckerspitzen nach dem Essen nur von kurzer Dauer sind, können sie in der Summe über den Tag den HbA1c erhöhen1. Die meisten Diabetiker messen ihren Blutzucker zwar vor der Mahlzeit, aber nicht danach, bzw. erst wieder zur nächsten Mahlzeit.

Zu diesem Zeitpunkt ist der Blutzucker meist schon wieder im Normalbereich. In der Zwischenzeit kann der Blutzucker aber unbemerkt sehr hoch gestiegen sein und über längere Zeit hoch gewesen sein. So kann es also sogar sein, dass 2 Diabetiker mit dem selbem HbA1c eine völlig unterschiedlich gute bzw. schlechte Blutzuckereinstellung haben. Solange nach dem Essen also nicht gemessen wird, können starke Schwankungen unbemerkt bleiben. Untersuchungen2 haben gezeigt, dass starke Blutzuckeranstiege nach dem Essen Einfluss auf die Entstehung von Folgekomplikationen wie zum Beispiel eine diabetische Retinopathie haben können.

Was tun gegen hohe postprandiale Blutzuckerwerte?

Zunächst einmal natürlich messen. Und zwar 1-2 Stunden nach der Mahlzeit. Denn zu diesem Zeitpunkt haben schnellwirksamen Analog-Insuline ihr Wirkmaximum erreicht (im Gegensatz zum Normalinsulin, das nicht nur einen viel späteren Wirkungseintritt hat, sondern auch länger wirkt.) Für eine Blutzuckerkontrolle nach dem Essen lässt sich der Blutzucker Reminder in der Tagebuch App übrigens wunderbar nutzen. Man kann schließlich nicht alles im Kopf haben. Also Reminder einfach auf die gewünschte Zeit setzen und sich automatisch an die nächste Blutzuckermessung erinnern lassen. Der Blutzucker sollte dann 1-2 Stunden nach der Mahlzeit unter 160 mg/dl bzw. 8,9 mmol/l liegen3 (DDG Leitlinie T1 2011, Langfassung). Natürlich kann es aber sein, dass der Arzt einen anderen PP-Wert empfiehlt und nach persönlichen Bedürfnissen und der gesundheitlichen Situation anpasst. Ist er dennoch zu hoch, geht es zunächst an die Ursachenforschung. Wie zum Beispiel:

  • welche Art von Nahrung habe ich auf genommen?
  • habe ich meine Kohlenhydrate korrekt berechnet?
  • stimmt mein Insulin-Kohlenhydrat Verhältnis (BE/KE Faktor)?
  • und stimmt der Spritz-Ess-Abstand?
Wirkkurve Insulin

Spritz-Ess-Abstand beugt hohen postprandialen Werten vor

Kurz gesagt, der SEA ist die Zeitspanne zwischen Injektion des Mahlzeiten-Insulins (Bolus) und dem Essen. Wie groß der SEA sein muss, muss jeder für sich selbst mit ärztlicher Absprache austesten, denn jeder regiert etwas anders auf Nahrung und Insulin. Mehr über den SEA, und wie genau dessen Ermittlung funktioniert, haben wir in diesem Blog Artikel beschrieben.

Fest steht, so ein Spritz-Ess-Abstand kann schon manchmal echt lästig und nervig sein, und natürlich ist er auch nicht immer realisierbar, etwa wenn man auswärts isst, oder spontan etwas snacken möchte. Wer hat da schon Zeit oder Geduld zu warten?

Aber gerade Dank der schnellwirksamen Insuline heutzutage (Analog-Insulin) ist es möglich, recht zeitnah oder auch direkt zum Essen zu spritzen, da ihre Wirkung schon nach wenigen Minuten einsetzt. Dies kann dazu beitragen, dass sich der Blutzucker nach dem Essen auch schneller wieder in den Normalbereich begibt. Dennoch, wirkliche Turbo-Insuline gibt es noch nicht und auch bei den schnellwirksamen Insulinen wird empfohlen, einen kleinen SEA einzuhalten (ist natürlich individuell und auch von Faktoren wie zum Beispiel Art der Nahrung abhängig).

Spritzen und sofort essen?

Das klingt wunderbar, oder? Ich persönlich hätte nichts gegen ein solches “Turbo-Insulin” einzuwenden. Ich bin zwar mit meinem schnellwirksamen Analog-Insulin zufrieden, wünsche mir aber oft eine noch schnellere Wirkung, denn ohne einen SEA unter 15 Min bekomme ich keine sauberen postprandialen Blutzuckerwerte hin. Wäre es nicht wunderbar zu spritzen, und die Insulin-Wirkung würde nahezu sofort einsetzen? Könnte das nicht sogar gerade auch für Eltern die Therapie vereinfachen, wenn das Insulin auch noch später nach dem Essen gespritzt werden könnte? Ich für meinen Teil hab als Kind meinen Teller nur selten aufgegessen. Blöd nur, wenn das Insulin für die zuvor berechneten Kohlenhydrate schon intus war. Hallo Hypo! Und wäre es nicht prima, wenn sich auch der Blutzucker nach dem Essen viel schneller wieder stabilisieren würde? Hach....

Postprandiale Glukose Übersicht in den mySugr PDF Reports

Ist es nicht super praktisch auf einem Blick zu sehen, ob die Blutzuckerwerte nach dem Frühstück, Mittag- und Abendessen im grünen Bereich sind? In den mySugr PDF-Reports könnt ihr genau sehen, wie sich eure Blutzuckerwerte nach dem Essen verhalten. 

mySugr PDF Report
Übersicht postprandiale Glukose

Quellen:

1 Monnier L et al. Diab Care 2003;26(3):881-885

2 International Diabetes Federation 2011; Guideline for management of postmeal glucose in diabetes. www.idf.org. Accessed August 17, 2015

3 Deutsche Diabetes Gesellschaft, S3Leitlinie Therapie des Typ-1 Diabetes Langfassung – Version 1.0 September 2011; 1920 2

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Die mySugr Website bietet keine medizinische oder rechtliche Beratung. mySugr Blog-Artikel sind keine wissenschaftliche Abhandlung, sondern dienen lediglich der Information.
Die medizinischen oder ernährungswissenschaftlichen Informationen auf der mySugr Website ersetzen keine ärztliche Beratung, Diagnose oder Behandlung. Wendet Euch bei allen Fragen, die Ihr hinsichtlich einer Erkrankung habt, stets an Eure Ärztin bzw. Euren Arzt.

Ilka Gdanietz

Langzeit-Diabetikerin und Nutella-Freund. Ilka ist bei mySugr für Global Content & Customer Communication zuständig und privat unter www.mein-diabetes-blog.com zu lesen.