Es ist ja wie es ist. Als Typ-1 Diabetiker kommt man nicht um die Nadel herum. Egal ob Pen oder Pumpe, irgendwann haben wir uns alle ehrfürchtig das erste Mal die Nadel in die Haut gebohrt.
Für manche keine große Sache, für andere hingegen auch nach mehreren Jahren immer noch Überwindung. Die Gründe dafür sind unterschiedlich.
Bei den meisten Menschen liegt die Angst in der Kindheit begründet. Impfungen und Blutentnahmen mit Spritzen und Nadeln, für die man einen Waffenschein bräuchte…
Differenzieren sollte man auf jeden Fall zwischen einer Spritzangst und einer Nadelphobie. Unsere Diabetiker im Team haben zusammen mehr als 150 Jahre Diabetes-Erfahrung auf dem Buckel und in Sachen Spritzangst ein paar Tipps auf Lager.
Übrigens, die Angst vorm Spritzen nennt man Trypanophobie.
1. Injektionshilfen
Clara: Ich habe mich nicht von Anfang an selbst gespritzt. Der Tag an dem sich alles änderte war, als ich im Krankenhaus ein anderes Mädchen in meinem Alter dabei beobachtete, wie sich selber spritzte. “Wenn die es kann, dann ich das auch” dachte ich und so war es. Später entwickelte ich allerdings erneut eine kleine “Spritz-Krise”und ich benutzte eine Injektionshilfe, welche die Nadel komplett verbirgt. Die Injektion passiert dadurch sehr schnell, aber das war mir immer noch lieber als der Blick auf “wenn-die-Nadel-sich-ultra-langsam-in-den-Körper-bohrt”.
2. Vertrauen schaffen
Marlis: Ich habe lange mit Kindern mit Diabetes gearbeitet. Spritzangst ist da keine Seltenheit. Bei Kindern kann es helfen, wenn die Eltern anbieten, sich einmal von den Kleinen spritzen zu lassen, oder einen Katheter zu setzen. Es hilft ungemein, wenn sie erkennen dass man ihnen traut und ihnen vermittelt, dass man keine Angst hat dass sie einem wehtun könnten. Ich habe das oft selber mit den Kindern so praktiziert und sie waren danach unheimlich stolz. Umgekehrt verlieren die Kleinen dadurch auch die Angst, wenn Mama und Papa dann spritzen.
3. Therapie-Wechsel
Frank: Das kommt natürlich nicht für alle in Frage. Aber ich habe das ständige Spritzen damals wirklich gehasst, und mich deshalb auch aus diesem Grund für eine Insulinpumpen-Therapie entschieden. Auf diese Weise konnte ich den Piks von 8-12x pro Tag auf nur 1x alle 2-3 Tage minimieren.
4. Einfach flüchten
Fredrik: Gut, das ist natürlich nicht die Lösung. Aber einen Versuch war es mir im Alter von 4 Jahren auf jeden Fall wert. Meine Flucht aus dem Krankenhaus endete früher als geplant in der Stockholmer U-Bahn. Mein Tipp für alle die, die befürchten sie könnten beim Spritzen ungewollt irgendwas erwischen...man führe sich dies einmal vor Augen:
- Eine Nadel ist 0,4 - 1,2 cm lang.
- Wie dick ist Haut und Fett an deinem Bauch oder Oberschenkel ? Schau mal genau nach, du wirst erstaunt sein.
- Überlege mal, wie tief deine Organe in deinem Körper schwimmen (ganz tief!).
- Stell dir vor, wie lang eine Nadel sein müsste, um irgendwas zu erwischen.
Na, immer noch Angst? Die Schmerzen beim Spritzen sind eine Reaktion deiner Nerven. Nerven sind eigentlich ziemlich dumm, aber du nicht! Du WEISST worum es geht. Es ist eine winzig kleine Nadel, die dich am Leben hält. DARUM geht es in Wirklichkeit.
5. Ablenkung
Anne: Ich hatte anfangs unheimlich Angst vorm Spritzen. Meine Familie und Freunde haben dann begonnen mich abzulenken, während ich mich gespritzt habe. Sie haben einfach etwas erzählt, gefragt, mich in eine Gespräch verwickelt. So war ich nicht auf den Piks fokussiert.
6. Kalter Löffel
Kyle: Persönlich habe ich keine Probleme mit dem Spritzen, aber ich habe viel in Diabetes Camps gearbeitet und einges an Spritzangst und Nadelphobie miterlebt. Ein recht einfacher Trick hat da meist gut geholfen. Einfach einen Löffel ins Eisfach legen und 5-7 Minuten vor dem Spritzen auf die entsprechnende Hautpartie legen. Im Prinzip funktioniert das auch mit einem Eiswürfel. Am besten beides noch in ein dünnes Taschentuch wickeln. Spritzen ist danach weniger schmerzhaft, da die Kälte eine betäubende Wirkung hat.
7. Hirn austricksen
Lukas: Spritzen ist noch immer für mich ein großes Thema. Ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen. Anfangs habe ich 15 Minuten gebraucht, bis ich die Nadel endlich intus hatte. Das ist irgendwie reine Kopfsache bei mir. Mein Tipp: Einfach nicht dran denken. Keine Gedanken an die Nadel verlieren. Pen aus der Tasche holen, Einheiten einstellen und rein damit. Das alles in einer flüssigen Bewegung, so dass das Hirn quasi gar keine Zeit findet überhaupt darüber nachzudenken. Für mich persönlich funktioniert das sehr gut. Klingt vielleicht ein wenig hart, aber wir Typ-1er kommen nun mal nicht um die Nadel herum. Warum also nicht einfach sein Hirn ein wenig austricksen und die Sache schnell über die Bühne bringen.
8. Von anderen abgucken und lernen
Scott: Schnelles Einstechen ist weitaus weniger mit Schmerz verbunden, als sich die Nadel im Schneckentempo in die Haut zu bohren. Eigentlich weiss das jeder, dennoch ist das für viele Diabetiker und auch für mich ein Problem. Oft beobachte ich fast ein wenig neidisch, wie sich andere Diabetiker die Nadel mit Schwung unter die Haut jagen. Auch wenn ich oft hadere, anderen zusehen gibt mir Mut ihnen gleich zu tun.
9. Nadelwechsel
Anton: Ich habe Diabetes im Alter von 3 Jahren bekommen und bin quasi mit der Nadel aufgewachsen. Mit Spritzangst hatte ich nie zu tun. Aber um unnötige Schmerzen beim Spritzen zu vermeiden, sollte man auf jeden Fall nach jeder Injektion die Nadel wechseln. Habt ihr schon mal gesehen wie eine mehrfach benutze Nadel aussieht? Scary!
10. Druck
Ilka (also ich): Ein einfacher Trick, der aber bei während meiner Pen-Therapie immer recht gut funktioniert hat. Einfach mit dem Daumen 20 Sekunden auf die Stelle drücken, in die gespritzt werden soll. Die Stelle wird dadurch kurzzeitig weniger stark durchblutet, das Spritzen tut dadurch weniger weh.
11. Cremes und Pflaster
Veerle: Es gibt Cremes (zum Beispiel Emla) und Pflaster die eine ähnliche Wirkung haben wie die Eiswürfel. Sie beinhalten Stoffe, die die betreffende Stelle betäuben und den Einstich weniger schmerzhaft machen. Leider muss man sich diese meist selber kaufen, verschrieben werden sie oft nur für Kinder.
Die mySugr Website bietet keine medizinische oder rechtliche Beratung. mySugr Blog-Artikel sind keine wissenschaftliche Abhandlung, sondern dienen lediglich der Information.
Die medizinischen oder ernährungswissenschaftlichen Informationen auf der mySugr Website ersetzen keine ärztliche Beratung, Diagnose oder Behandlung. Wendet Euch bei allen Fragen, die Ihr hinsichtlich einer Erkrankung habt, stets an Eure Ärztin bzw. Euren Arzt.